Montage Abwasserrechen (C) Wien Kanal / Heinz Stephan Tesarek

Wien Kanal erweitert in Simmering Europas modernstes Abwasser-System. Die beiden Sammelkanäle und das spektakuläre unterirdische Speicherbecken haben Mitte Februar 2016 den Probebetrieb aufgenommen.

“Bevor Wasser seinen Weg sucht, bauen wir ihn.” Frei nach diesem Motto arbeitete Wien Kanal zwischen 2013 und 2016 an Europas größter Kanalbaustelle. Trotz weltweitem Klimawandel, zunehmender Wetterkapriolen und damit verbundenem Starkregen sollen ein riesiges Speicherbecken und zwei vorgelagerte Transportkanäle große Teile des 11. Wiener Gemeindebezirkes trocken halten. 90 Meter lang, 45 Meter breit und sieben Meter tief ist die “Betonwanne”.

Im Verbund mit dem neuen Speicherbecken schützen die beiden Kanäle “Unter der Kirche” und “Florian-Hedorfer-Straße” den 11. Bezirk bei Extremregen vor Überschwemmungen. Die 30 Millionen Euro teuren unterirdischen Bauwerke haben ein Fassungsvermögen von mehr als 34 Millionen Liter Regenwasser. Das Wasser wird zwischengespeichert und nach dem Regenereignis, bei freien Abflusskapazitäten in der Kanalisation, der Hauptkläranlage in Simmering zugeleitet.

Oben rollt der Ball, unten fließt das Wasser

Für den unterirdischen Speicher wurde bei der Kanalplanung mit dem Sportplatz des SC Mautner Markhof der ideale Standort gefunden. Im Zuge der Kanalbaumaßnahmen wurde der in die Jahre gekommene Sportplatz in der Haidestraße 10 ebenfalls saniert.

“Das künftige Speicherbecken in der Haidestraße 10 und die beiden Transportkanäle sind die letzten Bausteine einer in der Folge insgesamt 86 Millionen Liter Regenwasser fassenden Speicherkette in und um den 11. Bezirk. Wir reagieren damit auf die Folgen des längst auch bei uns spürbaren Klimawandels, der extreme Wetterkapriolen und Niederschläge mit sich bringt”, erklärt Wien Kanal Direktor Andreas Ilmer.

Überflutungsschutz über die Bezirksgrenzen hinaus

Insgesamt 20 Quadratkilometer und drei Bezirke umfasst das Betrachtungsgebiet zum Überflutungsschutz für Simmering. Das Liesingtal spielt dabei eine bedeutende Rolle, fließen doch von dort bei Niederschlägen große Mengen an Mischwasser zur Hauptkläranlage nach Simmering. Deshalb war es den Technikern von Wien Kanal wichtig, auch an der “Quelle” Maßnahmen zur Retention zu treffen. Hier bot sich die Nutzung der ehemaligen Kläranlage Blumental im 23. Bezirk als Speicherbecken hervorragend an. Insgesamt zusätzliche 20 Millionen Liter Speichervolumen stehen damit seit 2012 zur Retention zur Verfügung und können im Regenwetterfall mit 3.000 Liter pro Sekunde befüllt werden. Dadurch wird das Kanalnetz in Simmering im Fall von Starkregenereignissen erheblich entlastet und der Schutz gegen Überflutungen erhöht.

Der Ausbau des Schmutzwasserpumpwerks Kaiserebersdorf war ebenfalls ein wichtiger Baustein zur Optimierung des Überflutungsschutzes in Simmering. Mit einer zusätzlichen Schneckenpumpe können bis zu 6.700 Liter Abwasser pro Sekunde, um 1.300 Liter mehr als bisher, zur Ebswien Hauptkläranlage gepumpt und einer Reinigung zugeführt werden. Die Entlastungsmöglichkeit über das Regenwasser-Hebewerk Kaiserebersdorf wurde ebenfalls gesteigert. Um das Abflussvermögen aus Simmering im Falle eines Extremereignisses zu steigern, wurde die Förderleistung um 4.000 Liter pro Sekunde auf 16.000 Liter pro Sekunde erhöht. Im Anlassfall kann diese Wassermenge in den Donaukanal abgeschlagen werden, sogar wenn dieser selbst Hochwasser führt.

Wien Kanal

Mit einer Leitungslänge von mehr als 2.400 Kilometer ist Wien Kanal Österreichs größter Kanalnetzbetreiber. Täglich wird etwa eine halbe Milliarde Liter Abwasser sicher und umweltgerecht zur Ebswien Hauptkläranlage in Simmering transportiert. Rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen dafür, das Kanalnetz funktionsfähig und sauber zu halten. So wird zum Beispiel täglich 15 Tonnen abgelagertes Material aus den Kanälen geräumt, um den Abfluss zur Kläranlage zu garantieren. Mehr als 99 Prozent aller Haushalte in Wien sind an das städtische Kanalnetz angeschlossen. Trotzdem wächst das Wiener Kanalnetz jährlich um rund zehn Kilometer. Mehr als 700 Kanalbaustellen werden jährlich zur Erhaltung und Reparatur des öffentlichen Kanalnetzes durchgeführt.

Daten & Fakten

  • Baubeginn September 2013
  • Probebetrieb März 2016
  • Inbetriebnahme September 2016
  • Baukosten 30 Millionen Euro
  • Fassungsvermögen Speicherbecken: rund 28,5 Millionen Liter
  • Fassungsvermögen Speicherbecken und Transportkanäle: rund 34 Millionen Liter
  • Fassungsvermögen Speicherkette Liesingtal & Simmering: 86 Millionen Liter

Weiterführende Informationen

Europas größtes Kanalbauprojekt in Simmering

Kontakt

Wien Kanal – Josef Gottschall

E-Mail:  josef.gottschall@wien.gv.at 

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