10 Jahre, 10 Interviews: Gerhard Hirczi
Die Smart Klima City Strategie Wien feiert 2024 ihren 10. Geburtstag! Doch was braucht es, damit eine Strategie Fuß fassen kann? Wie entsteht eine Strategie und wer schreibt sie? Was steckt hinter dem Begriff Smart City und wieso brauchen wir diese Strategie heute mehr denn je?
Wir nehmen das Jubiläum zum Anlass und blicken in unserer Reihe „10 Jahre, 10 Interviews“ auf die Anfänge und den Werdegang der Strategie – und natürlich in die Zukunft. Weiter geht es mit Gerhard Hirczi: Als Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien widmet er sich seit 2009 dem Ziel, den Erfolg des Wirtschaftsstandorts Wien weiterzuführen. Ende dieses Jahres verabschiedet er sich in den Ruhestand.
1. Persönliche Highlights
Welches Erlebnis oder welche Begegnung im Rahmen der Smart City Initiative hat Sie persönlich am meisten berührt oder inspiriert?
Für mich ist nach wie vor die Wiener Definition einer „Smart City“ ein Highlight. Im Fokus steht das gute Leben für Wienerinnen und Wiener und das können wir nur sichern, indem wir sowohl an der Klimawende arbeiten als auch in innovative Lösungen investieren. Dieser Zugang ist das Alleinstellungsmerkmal der Smart City Wien.
2. Inspirierende Projekte
Gibt es ein Projekt aus den letzten Jahren, dass Sie besonders begleitet, inspiriert oder beeindruckt hat? Warum?
Die Wirtschaftsagentur Wien hat das Projekt WASTE2VALUE gefördert und die Wien Energie dabei unterstützt, mit Wissenschafts- und Industriepartnern gemeinsam eine Pilotanlage zu bauen, in der aus Reststoffen wertvolle Ressourcen gewonnen werden. Wenn wir die Verfahren in Wien perfektionieren und vor allem skalieren können, schreiben wir damit Geschichte.
3. Technologische Fortschritte
Wie haben technologische Innovationen die Entwicklung und Umsetzung der Smart City Strategie beeinflusst? Wie werden sie es in Zukunft tun?
Die Digitalisierung ist in vielen Bereichen ein Wegbereiter für eine smarte Stadt. Der WienBot, die digitale Baueinreichung, Modellrechnungen für eine klimaresiliente Stadt – das sind nur einige Beispiele dafür, wie der starke IT-Sektor in Wien zur Smart City beiträgt. Die Frage ist also nicht, ob wir die Digitalisierung brauchen, sondern wie wir sie am besten entlang unserer Vorstellungen einsetzen.
4. Herausforderungen und Lösungen
Welche großen Herausforderungen mussten Sie auf dem Weg zur Smart Klima City überwinden und wie wurden bzw. werden diese gemeistert?
Das starke Bevölkerungswachstum – 2010 waren wir die elftgrößte Stadt in der Europäischen Union, heute sind wir die fünftgrößte und der Vierte Paris ist nicht mehr „weit weg“ – ist eine große Chance für den Wirtschaftsstandort.
Aber für die öffentlichen Infrastrukturen ist es gleichzeitig eine Mega-Challenge. Umso wichtiger ist es, dass in Wien Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam daran arbeiten, dass Wien die lebenswerteste Stadt der Welt bleibt.
5. Internationale Zusammenarbeit
Welche Rolle spielte die (internationale) Zusammenarbeit und der Austausch mit anderen Städten in der Entwicklung von Wien?
Wenn wir den notwendigen Wandel in den Städten schaffen, dann schaffen wir ihn auch auf dem Planeten. Die urbanen Zentren weltweit tragen daher die Verantwortung, sich zu vernetzen und den Weg vorzugeben. Deshalb arbeiten wir gemeinsam mit anderen europäischen, aber auch einigen asiatischen Metropolen daran, best practices zu schaffen, zu sharen und zu disseminieren.
6. Persönlicher Ausblick
Was motiviert Sie persönlich, an der Weiterentwicklung der Smart Klima City Wien mitzuarbeiten, und was wünschen Sie sich für die Zukunft dieser Initiative?
Ich habe Kinder und will, dass die genau so gut leben können wie wir.
7. Nachhaltigkeitstrends
Gibt es einen aufkommenden Trend oder eine neue Technologie im Bereich Nachhaltigkeit, die Sie besonders begeistert und die Sie sich für Wien in der Zukunft wünschen?
Wir arbeiten derzeit intensiv an einer Kreislaufwirtschaftsstrategie für Wien. Der Übergang von einer linearen Wirtschaftsweise in eine zirkuläre wird viele Unternehmen, ihre Produkte und ihre Geschäftsmodelle grundlegend verändern. Das Team der Wirtschaftsagentur Wien wird diesen Transformationsprozess mit Förderungen, Services und Infrastrukturangeboten begleiten.
8. Smart Klima City Wien erleben
Haben Sie einen Tipp für Wiener*innen und Besucher*innen, die die Smart Klima City Wien erleben möchten? Wo wird die Smart Klima City Wien Ihrer Meinung nach im Stadtleben besonders sichtbar?
Unsere internationalen Gäste sind oft von Dingen beeindruckt, die wir ganz selbstverständlich finden. Das Wasser aus der Wiener Hochquellwasserleitung, kostenlose Kinderbetreuungsangebote und eines der besten öffentlichen Verkehrsnetze der Welt um 1 Euro pro Tag zum Beispiel. Oder dass man in der Seestadt Aspern einen freifinanzierten Wohnbau nicht von einem gemeinnützigen unterscheiden kann, wenn man davorsteht.
9. Die Stadt als Spielplatz
Wenn Sie eine ungenutzte städtische Fläche in Wien in einen unterhaltsamen Spielplatz für Erwachsene verwandeln könnten, was würde dort passieren?
Wir würden das Wiener Forschungsfest, das wir jetzt alle zwei Jahre im Rathaus organisieren, dort zu einem ganzjährigen Festival ausbauen. So könnten wir im Laufe der Zeit wirklich ALLEN Wienerinnen und Wienern Lust auf Innovation, Forschung und Zukunftsberufe machen.
Danke für das Gespräch!
Das Interview ist auch auf dem Blog der Stadtentwicklung nachzulesen: https://blog.stadtentwicklung.wien.gv.at/10_jahre_smart_city/
Gerhard Hirczi ist seit 2009 Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien und hat die jüngere wirtschaftliche Entwicklung und Ausrichtung der Stadt maßgeblich mitgestaltet.