Fahrerlos durch die Seestadt
Ein Jahr lang wurden die zwei autonomen E-Busse in der Wiener-Linien-Garage Leopoldau auf Herz und Nieren getestet. Nun wurde schließlich die Strecke samt zehn Haltestellen rund um die U2-Station Seestadt in das Bussystem eingespielt. Seit 6. Juni sind die Fahrgäste an der Reihe: Jeweils bis zu zehn Personen dürfen Platz nehmen und die Gratisfahrt genießen. Bei jeder Fahrt ist aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und technischer Notwendigkeit ein geschulter Operator mit an Bord.
Neue Linie für erste bzw. letzte Meile
Mit dem Fahrgasttestbetrieb in der Seestadt entsteht ein zusätzliches Angebot für die sogenannte „erste und letzte Meile“. Mit den beiden autonomen E-Bussen gelangen die AnrainerInnen entlang der neuen, mehr als zwei Kilometer langen Öffi-Strecke direkt und bequem zur U2-Station Seestadt und von dort aus schnell weiter in das Stadtzentrum.
Da es sich um einen Testbetrieb handelt, ist für den autonomen Bus kein Ticket nötig. Die Busse verfügen über insgesamt elf Sitzplätze, von denen einer immer für den Operator reserviert ist. Aus Sicherheitsgründen dürfen ausschließlich sitzende Fahrgäste befördert werden. Bei Transport eines Kinderwagens reduzieren sich die Sitzplätze entsprechend.
Einen wie bisher klassischen Fahrplan wird es für die autonomen Busse nicht geben. Die Wiener Linien bemühen sich, die zwei Busse immer werktags in den Vormittags- und Mittagsstunden in einen regelmäßigen Fahrrhythmus zu bringen. Mittels QR-Code bzw. auf www.wienerlinien.at/auto-bus-seestadt ist jederzeit auf einer speziellen Karte ersichtlich, ob bzw. wo die Busse aktuell unterwegs sind.
Nicht nur die BewohnerInnen der Seestadt, auch das gesamte Projektteam fieberte dem Testbeginn entgegen. Da es sich bei „auto.Bus – Seestadt“ um ein reines Forschungsprojekt handelt und es österreichweit nur spärliche Erfahrungswerte in Sachen Linienbetrieb gibt, appellieren die ExpertInnen an das Verständnis der Fans: „In den vergangenen Monaten haben alle Projektpartner ihre Hausaufgaben gemacht. Unser vorrangiges Ziel ist es, regelmäßige Intervalle anbieten zu können. Wir sind jedenfalls gespannt, wie die zwei autonomen E-Busse bei den Fahrgästen ankommen.“
Operatoren mit an Bord
Der Einsatz neuer Technologien bringt auch immer neue Berufsfelder mit sich. In den vergangenen Monaten wurde deshalb einerseits das „Innenleben“ der E-Busse weiterentwickelt, andererseits fünf Wiener-Linien-Mitarbeiter zu Operatoren ausgebildet. Wie bei einem klassischen Busbetrieb schreibt das Gesetz in den autonomen Bussen nach wie vor die Anwesenheit einer entsprechend ausgebildeten Fachkraft vor. Sie greift etwa ein, wenn ein nicht vorgesehenes Hindernis (zB falsch geparktes Auto,…) die Route des Busses behindert. Der Bus wird dann mittels Controller um das Hindernis herum wieder auf seine ursprüngliche Strecke gebracht. Operatoren machen das automatisierte Fahren im öffentlichen Verkehr also überhaupt erst möglich.
In die Rechner der autonomen Busse wurden nicht nur der exakte Streckenverlauf, sondern auch markante Stellen, wie Haltestellen-Stangen, Häuserecken oder Gehsteigkanten eingespeist. Für die dafür nötigen optischen Abstandsmessungen mittels 3D-LiDAR-Aufzeichnungen wurden mit einem speziellen Messfahrzeug entlang der Strecke mehrere Scan-Fahrten unternommen. Nicht im System erfasste Hindernisse, egal ob bewegliche wie FalschparkerInnen oder unbewegliche wie Baustellengerüste, erkennen die Busse stets als nicht umfahrbares Hindernis.
Unter der Gesamtleitung der Wiener Linien und der wissenschaftlichen Leitung des Austrian Institute of Technology (AIT) beschäftigten sich die Projektpartner Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV), TÜV Austria, Siemens Mobility und der Bushersteller Navya in der Busgarage Leopoldau seit April 2018 auf unterschiedlichsten Ebenen intensiv mit den E-Kleinbussen.
„auto.Bus – Seestadt“ ist ein vom bmvit im Rahmen des Programms „Mobilität der Zukunft“ gefördertes Projekt.
zur Presseaussendung vom 06.06.2019
Foto: KFV/APA-Fotoservice/Tesarek