10 Jahre, 10 Interviews: Dietmar Griebler

Die Smart Klima City Strategie Wien feiert 2024 ihren 10. Geburtstag! Doch was braucht es, damit eine Strategie Fuß fassen kann? Wie entsteht eine Strategie und wer schreibt sie? Was steckt hinter dem Begriff Smart City und wieso brauchen wir diese Strategie heute mehr denn je?

Wir nehmen das Jubiläum zum Anlass und blicken in unserer Reihe „10 Jahre, 10 Interviews“ auf die Anfänge und den Werdegang der Strategie – und natürlich in die Zukunft. Aus diesem Anlass kommt Dietmar Griebler zu Wort. Er ist seit 2022 Magistratsdirektor und Landesamtsdirektor von Wien sowie Aufsichtsratsvorsitzender der Wiener Stadtwerke GmbH und der Wien Holding GmbH.

1. Rückblick und Meilensteine

Was waren die bedeutendsten Erfolge und Meilensteine der Smart City Initiative in den letzten 10 Jahren?

In den letzten zehn Jahren konnten wir mit der Smart Klima City Wien Initiative viele wichtige Meilensteine erreichen. Besonders hervorzuheben ist die Integration nachhaltiger Technologien und Lösungen, die zur Verbesserung der Lebensqualität in Wien beigetragen haben. Projekte wie der Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes und die Implementierung von energieeffizienten Bauweisen sind wesentliche Erfolge. Wir haben es geschafft, die Stadtverwaltung so zu organisieren, dass sie den modernen Anforderungen gerecht wird, wir transparent und nachvollziehbar arbeiten und – ganz wichtig – immer mit einem Fokus auf die Bedürfnisse der Menschen in unserer Stadt.

2. Persönliche Highlights

Welches Erlebnis oder welche Begegnung im Rahmen der Smart City Initiative hat Sie persönlich am meisten berührt oder inspiriert?

Eines meiner persönlichen Highlights war die Zusammenarbeit mit internationalen Partnerstädten. Der Austausch von Ideen und Best Practices hat mir gezeigt, dass Wien nicht nur eine Vorreiterrolle in Europa einnimmt, sondern auch global wahrgenommen wird. Es ist inspirierend zu sehen, wie unsere Initiativen von anderen Städten aufgegriffen und adaptiert werden. Gleichzeitig lassen wir uns auch von Lösungen anderer inspirieren und setzen diese auf die Wiener Art und Weise hier um. Was ich hier wichtig finde, ist, dass wir auf das Know How der Mitarbeiter*innen der Stadt Wien setzen. Externe Expert*innen unterstützen uns auch, aber die Smart Klima City Strategie ist das Ergebnis von der guten Arbeit vieler Kolleg*innen im Konzern Stadt Wien – also im Magistrat gemeinsam mit den Unternehmungen.

3. Technologische Fortschritte

Wie haben technologische Innovationen die Entwicklung und Umsetzung der Smart Klima City Strategie beeinflusst? Wie werden sie es in Zukunft tun?

Technologische Innovationen waren und sind ein zentraler Bestandteil unserer Smart Klima City Strategie. Sie haben es uns ermöglicht, Prozesse zu optimieren und Lösungen zu entwickeln, die vor zehn Jahren noch undenkbar waren. Beispielsweise spielt die Digitalisierung in der Verwaltung eine große Rolle, da sie nicht nur Effizienz steigert, sondern auch den Bürger*innen den Zugang zu Dienstleistungen erleichtert. In Zukunft werden Technologien wie Künstliche Intelligenz und alle diese Möglichkeiten eine noch größere Rolle spielen. Nichtsdestotrotz ist und bleibt der Mensch im Mittelpunkt all unserer Strategien und Umsetzungen. Technologien sind stets Unterstützung und nie Selbstzweck – und viele Maßnahmen funktionieren auch ganz ohne technologische Neuerungen! Wir bemühen uns, mit dem Fokus auf dem digitalen Humanismus diesen auch über die Wiener Grenzen hinauszutragen.

4. Herausforderungen und Lösungen

Welche großen Herausforderungen mussten Sie auf dem Weg zur Smart Klima City überwinden und wie wurden bzw. werden diese gemeistert?

Eine der größten Herausforderungen auf dem Weg zur Smart Klima City war es, die Balance zwischen technologischen Fortschritten und den sozialen Bedürfnissen der Menschen zu finden. Es reicht nicht aus, nur in smarte Technologien zu investieren, wir müssen auch sicherstellen, dass diese Lösungen für alle zugänglich und verständlich sind. Unsere Antwort darauf ist, möglichst früh in den Planungsprozess alle relevanten Akteur*innen einzubeziehen – von Expert*innen bis hin zu den Bürger*innen.

5. Soziale Aspekte

Wie berücksichtigt die Smart Klima City Strategie die sozialen Bedürfnisse und die Lebensqualität der Wiener Bevölkerung?

Die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung stehen im Mittelpunkt der Smart Klima City Strategie. Wir wollen nicht nur eine technologisch fortschrittliche Stadt schaffen, sondern vor allem eine lebenswerte Stadt für alle Menschen. Dazu gehören leistbarer Wohnraum, soziale Gerechtigkeit und die Berücksichtigung von Umweltfaktoren, die die Lebensqualität beeinflussen. Wien hat es geschafft, eine der lebenswertesten Städte der Welt zu sein und vor allem zu bleiben, weil wir die soziale Dimension nie aus den Augen verloren haben.

6. Internationale Zusammenarbeit

Welche Rolle spielte die (internationale) Zusammenarbeit und der Austausch mit anderen Städten in der Entwicklung von Wien?

Die Zusammenarbeit mit anderen Städten weltweit hat einen enormen Einfluss auf die Entwicklung Wiens. Es ist wichtig, über den Tellerrand zu schauen und von anderen Städten zu lernen, wie sie mit urbanen Herausforderungen umgehen. Wien steht vor allem im ständigen Austausch mit europäischen Städten wie Zürich, Hamburg, Paris, Ljubljana, Budapest, Bratislava, Brünn und vielen mehr. Diese internationalen Kooperationen fördern nicht nur Innovationen, sondern tragen auch zur globalen Vernetzung bei. Dieser internationale Austausch inspiriert auch mich persönlich immer, etwa bei unserem jährlichen Treffen der Magistratsdirektor*innen. Die Themen, die wir in unserer Smart Klima City Strategie behandeln, stehen da eigentlich immer in der ein oder anderen Weise im Fokus der Gespräche.

7. Visionäre Zukunftsbilder

Wenn Sie einen Tag in der Smart Klima City Wien im Jahr 2034 erleben könnten, wie würde dieser Tag aussehen?

Wenn ich mir einen Tag im Jahr 2034 in der Smart Klima City Wien vorstelle, sehe ich eine Stadt, die völlig im Einklang mit der Natur steht. Der Verkehr wäre fast komplett emissionsfrei und Energie würde aus nachhaltigen Quellen stammen. Die Stadtverwaltung wäre so digitalisiert, dass die Bürger*innen mit nur wenigen intuitiven Klicks alle wichtigen Dienstleistungen in Anspruch nehmen könnten und bei Bedarf schnell und unkompliziert entsprechende Unterstützung fänden. Gleichzeitig wäre die soziale Balance gewahrt, und Wien wäre weiterhin die lebenswerteste Stadt weltweit.

8. Kreative Lösungen

Können Sie ein Beispiel nennen, bei dem ein kreativer oder unkonventioneller Ansatz zu einer besonders erfolgreichen Lösung für ein urbanes Problem geführt hat?

Hier müssen wir nicht weit schauen, denn das ist eigentlich die tägliche Arbeit z.B. auch der Kolleg*innen in der Baudirektion. Wenn ich an unser Programm „Raus aus Gas“ oder die Maßnahmen der Kreislaufwirtschaft denke, dann handelt es sich hier sehr oft um kreative und unkonventionelle Lösungen, etwa die Suche nach Geothermie in der Stadt, der Einsatz von Wasserstoff bei den Wiener Stadtwerken und vieles mehr. Wichtig ist der Schulterschluss aller Einheiten der Stadt, d.h. beginnend mit einer profunden Ausbildung durch den waff, einer gezielten Förderung für die Wirtschaft durch die Wirtschaftsagentur, die Umsetzung durch die Magistratsabteilungen oder den Wiener Stadtwerke-Konzern. Und am besten noch dann international vermarktet durch die UIV oder unsere internationalen Büros in Abstimmung mit der Gruppe Europa und Internationales in der Magistratsdirektion.

9. Nachhaltigkeitstrends

Gibt es einen aufkommenden Trend oder eine neue Technologie im Bereich Nachhaltigkeit, die Sie besonders begeistert und die Sie sich für Wien in der Zukunft wünschen?

Ein zentraler Trend im Bereich Nachhaltigkeit ist die nachhaltige öffentliche Beschaffung. In Wien legen wir großen Wert darauf, dass die Stadtverwaltung umweltfreundliche und sozial verträgliche Produkte und Dienstleistungen bezieht. Dazu gehören zum Beispiel der Einsatz von energieeffizienten Geräten, die Reduktion von Einwegplastik und die Beschaffung von regionalen und fair gehandelten Produkten.

Nachhaltige Beschaffung hat eine enorme Hebelwirkung: Durch das Volumen der städtischen Aufträge können wir positive ökologische und soziale Standards setzen und fördern. Unser Ziel ist es, diese Ansätze weiter auszubauen und bei allen künftigen Beschaffungen die Umwelt- und Klimaschutzkriterien konsequent zu berücksichtigen.

10. Smart Klima City Wien erleben

Haben Sie einen Tipp für Wiener*innen und Besucher*innen, die die Smart Klima City Wien erleben möchten? Wo wird die Smart Klima City Wien Ihrer Meinung nach im Stadtleben besonders sichtbar?

Für Wiener*innen und Besucher*innen, die die Smart Klima City erleben möchten, empfehle ich einen Blick auf die neuen Stadtentwicklungsgebiete wie die Seestadt Aspern. Dort sieht man die Ideen und Konzepte der Smart Klima City besonders deutlich – von nachhaltigen Bauten über moderne Mobilitätslösungen bis hin zur Gestaltung öffentlicher Räume. Es ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie Wien die Zukunft seiner urbanen Entwicklung sieht.

Wien ist ja eine sehr attraktive Stadt und wächst stark. Wir investieren seit Jahren massiv in die Infrastruktur, aber auch in die Kinder und deren Bildung. Sehr empfehlen kann ich deshalb auch die neuen Schulcampi. Da stehen die Kinder und deren Bedürfnisse im Mittelpunkt. Ein Ort, an dem gerne gelernt und gelehrt wird und die Menschen zusammenkommen, etwa auch durch die Verschränkung mit unseren Musikschulen. Dort sieht man auch, dass die Wiener*innen nicht so grantig sind, wie manches Ranking vermuten lässt. Also: Gehen sie hin, schauen sie sich das an!

Danke für das Gespräch!

Dietmar Griebler, Magistratsdirektor und Landesamtsdirektor von Wien.