Portrait des Monats: Zero Waste & Kreislaufwirtschaft

Thomas Romm ist Architekt und Initiator von BauKarussell, einer Genossenschaft für Social Urban Mining. Er arbeitet an Wertschöpfungskonzepten einer Kreislaufwirtschaft im Bauen. Dabei geht es nicht nur um Rohstoffe. Zirkularität im Bauen beginnt in der Stadtplanung, z.B. mit der Bewirtschaftung von kommunalen Grundstücken, wie der in Wien üblichen Bebauung im „Baurecht“, das eine Rückgabe des Baugrundes zur Bedingung hat. Von größter Bedeutung ist der Umgang mit dem Gebäudebestand, der auf Dauerhaftigkeit zielen muss. Muss dennoch rückgebaut werden, können Abbruchhäuser als urbane Minen zur Gewinnung von Rohstoffen und Bauteilen genutzt werden. Diese aufwändige Arbeit macht BauKarussell in Kooperation mit sozialwirtschaftlichen Betrieben und erzeugt so durch die Verbindung von Umweltschutz mit Beschäftigung und Qualifizierung, Mehrwerte im verwertungsorientierten Rückbau von Gebäuden. Im Interview erzählt er, was er unter der Smart Klima City Wien versteht.

Was verstehst du unter einer Smart Klima City?

Eine Smarte Stadt ist sich ihrer Materialität und Stoffströme bewusst. Der Stoffwechsel einer Smart Klima City heißt Kreislaufwirtschaft: Ein Beispiel ist das Regenwassermanagement, wo das Wasser nicht so schnell wie möglich im Kanal verschwinden muss, sondern für die Hitzeperioden nach dem Prinzip einer Schwammstadt verfügbar bleibt. Die Stadtplanung hat daher einen großen Hebel auf das Klima, auf das Mikroklima und das globale Klima. Städtebau und Architektur können mit Kreislaufwirtschaft zur Energiewende, Nährstoffwende und Klimawende beitragen. Eine Smart Klima City macht die Stadt vom Problem zum Teil der Lösung. Dafür muss man auch die Menschen mitnehmen. BauKarussell ist ein gutes Beispiel für den soziokulturellen Wandel von einer Wegwerf-zu einer Kreislauf-Gesellschaft.

Was begeistert dich an deiner Arbeit? Wieso machst du das, was du tust, gerne?

BauKarussell hat einen Nerv getroffen; Zirkularität scheint oft so technisch, dabei geht es in Wahrheit um die Frage, wie wir leben wollen. BauKarussell bietet Menschen im verwertungsorientierten Rückbau eine sinnvolle Beschäftigung und schafft zugleich die Möglichkeit der Integration und Teilqualifizierung. Es entsteht ein wirtschaftlicher Mehrwert durch sortenreine Verwertung und Abfallvermeidung, der zur Finanzierung des sozialen Mehrwerts beiträgt. Diese Wertschöpfung gibt es ohne BauKarussell nicht. Es gibt also eine Antwort auf die Vielzahl von Krisen, auf Fachkräftemangel, Ressourcenknappheit und Wegwerfgesellschaft – und das ist die Freude und die Befriedigung etwas Gutes zu tun.

Was willst du damit bewirken?

Wenn uns die Anleitenden, die mit Jugendlichen oder Langzeitarbeitslosen arbeiten, rückmelden, dass die Leute jeden Tag pünktlich sind und mit vollem Eifer dabei, und dass sie die Arbeit zu Ende machen wollen… – da denke ich, spüren diese Menschen ihre Selbstwirksamkeit. Das gilt auch für andere Architekturbüros, die mit uns entdecken, dass sie viele Bauteile wiederverwenden können für ihre Planung, wo wir nur den vorangehenden Rückbau leiten. BauKarussell hat Formate entwickelt, wie die Re-Use Box, wo Anrainer*innen ins Abbruchobjekt kommen können, um Teile zu erwerben. Oder unser Open Mine Day, wo wir mit Streetart Künstler*innen, die normalerweise wegen Vandalismus angezeigt werden würden, Rückbauten öffentlich bespielen.

Wie trägst du zu „deiner“ Smart Klima City bei?

Ich persönlich arbeite mit meiner ganzen Kraft an der Vision einer Baukultur, die auf kreislaufwirtschaftlichen Prinzipien beruht und damit den Klimawandel stoppt. Wir haben neulich herausgefunden, dass die Gründerzeit klimaneutral gebaut hat. Diese alten Häuser speichern in ihren Dippelbaumdecken und Dachstühlen im Holz schon über 100 Jahre mehr CO2 als beim Brennen der Ziegel emittiert wurde, mit denen sie gebaut sind. Es gibt in unserem Umfeld unglaublich viele Menschen und Unternehmen, die die Idee einer CO2-Vollbremsung bei Errichtung und Betrieb von Gebäuden teilen und mit uns zusammenarbeiten.

Wenn du dir in dieser Hinsicht etwas wünschen könntest, was wäre das?

Ich wünsche mir, dass die Entzweiung der Gesellschaft aufhört. Ich wünsche mir, dass alle daran mitarbeiten, die Kippeffekte aufzuhalten, die den Klimawandel unumkehrbar machen würden. Wir haben alle Mittel dafür. Wir müssen nur mit dem Gebäudebestand klimafreundlicher umgehen, die existierenden CO2-speichernden Bauweisen zur Pflicht machen und mit mehr Freude für die lebendige Umwelt und füreinander leben.

Danke für das Gespräch!

Thomas Romm ist Architekt und Initiator von BauKarussell, einer Genossenschaft für Social Urban Mining.